Stress am Arbeitsplatz als Folge von belastender und gesundheitsschädigender Arbeit zählt zu den grössten Herausforderungen der modernen Arbeitswelt. Laut dem Job-Stress-Index von Gesundheitsförderung Schweiz ist jeder vierte Erwerbstätige am Arbeitsplatz gestresst und fühlt sich erschöpft. Knapp dreissig Prozent der Erwerbstätigen in der Schweiz nehmen am Arbeitsplatz mehr Belastungen als Ressourcen wahr (vgl. Gesundheitsförderung Schweiz 2020: 4). Die Arbeitswelt kann als eine Art Spiegelbild der Gesellschaft betrachtet werden. Das Risiko am Umgang mit Alkohol und anderen psychotropen Substanzen zu scheitern, ist unabhängig vom sozialen Status und den intellektuellen Fähigkeiten der Betroffenen, relativ hoch. Schätzungen von Sucht Schweiz zufolge haben etwa drei bis fünf Prozent der erwachsenen Schweizerinnen und Schweizer ein Alkoholproblem (vgl. Sucht Schweiz 2022).
Nicht immer ist Substanzkonsum am Arbeitsplatz offensichtlich. Hinweise darauf können Fehlzeiten, zunehmende Vernachlässigung des äusseren Erscheinungsbildes, aber auch Orientierungslosigkeit und plötzliche Leistungsabfälle sein. Wichtig scheint in diesem Zusammenhang, dass mit dem Thema Abhängigkeit und Substanzkonsum offensiv und proaktiv umgegangen wird. Information und Aufklärung, aber auch das Ansprechen dieser Themen gehören zu den Kernkompetenzen von Führungskräften.
Besondere Zurückhaltung ist bei Begriffen wie «Alkoholabhängigkeit oder Alkoholmissbrauch» geboten. Hierbei handelt es sich um Fachbegriffe, die durch Diagnosemanuals wie das ICD 10 oder das DSM-V5 klassifiziert sind. Diagnosen werden von Fachleuten wie Ärztinnen und Ärzten, Psychologinnen und Psychologen im Kontext von Beratung und Therapie gestellt. Im Rahmen der betrieblichen Suchtprävention und am Arbeitsplatz sollen und können keine Diagnosen gestellt werden. Der Versuch, Mitarbeitenden ein bestimmtes Krankheitsbild zu unterstellen, «wird in der ausgeprägten Form auch nur beim Alkoholismus versucht – bei anderen Krankheiten sind Laien vorsichtiger», so die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (2020). Suchtprobleme am Arbeitsplatz / Eine Praxishilfe für Personalverantwortliche).
Quelle: Moretto, Marcel (2023) «Nüchtern betrachtet - Betriebliche Suchtprävention in Psychiatrischen Kliniken». Bestandesaufnahme und Empfehlungen zu suchtpräventiven Angeboten für Mitarbeitende in psychiatrischen Kliniken der Deutschschweiz. MAS-Thesis, Fachhochschule Nordwestschweiz, Olten
MARCEL G. MORETTO
MAS - SPEZIALISIERUNG
IN SUCHTFRAGEN
■ Fachverband Sucht Schweiz (FS)
■ Schweizerische Gesellschaft für Sozialpsychiatrie (SOPSY)
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